Mitteilungsblatt Leipziger Entomologen
 
Faunistische Notizen 1994-1997

Inhalt:

Bemerkungen zu einem Hirschkäferfund bei Grethen
Anmerkungen zum Fund einer Holzbiene in Leipzig 
Das Kleine Ochsenauge (Hyponephele lycaon KÜHN) in der Braunkohlenfolgelandschaft im Kreis Delitzsch (RB Leipzig)

Bemerkungen zu einem Hirschkäferfund bei Grethen

R. SCHILLER

Als im Juli 1995 dem Naturkundemuseum Leipzig ein toter Hirschkäfer (Lucanus cervus) von Frl. SLOMYANI übergeben wurde, erschien dieser Fund in der Nähe der Jugendherberge Grethen zwar als interessant aber nicht unbedingt mitteilenswert, da gerade die Wälder bei Großsteinberg als Lebensraum dieses geschützten Käfers bekannt waren. Erst nach dem Erscheinen des Verzeichnisses der Blatthornkäfer und Schröter des Freistaates Sachsen (KLAUSNITZER 1995) fiel auf, daß aus dem Regierungsbezirk kein Nachweis nach 1980 gemeldet worden war. Nachfragen innerhalb der Fachgruppe ergaben, daß auch anderen Fachgruppenmitgliedern zwar ältere Funde bekannt waren, aktuelle Vorkommen bei Leipzig aber nicht genannt werden konnten.
  Nach Auskunft der Finderin lag das Exemplar, bereits tot und leicht beschädigt, auf einem Weg. Es wurde durch W. GUIDETTI präpariert und befindet sich in der Sammlung des Naturkundemuseums Leipzig.

Literatur
KLAUSNITZER, B. (1995): Kommentiertes Verzeichnis der Blatthornkäfer und Schröter (Coleoptera, Trogidae, Geotrupidae, Scarabaeidae, Lucanidae) des Freistaates Sachsen.- Mitt. Sächs. Ent. 31: 4 - 10
 

Anmerkungen zum Fund einer Holzbiene in Leipzig

R. SCHILLER

Über den Totfund einer Holzbiene in Leipzig-Leutzsch (14.07.1988, Kleingartenanlage Merseburger Landstraße, Herr ELLRICH) wurde sowohl in der Fachgruppe als auch in einem Rückseitentext des Monatsprogrammes unseres Museums berichtet. Das Exemplar war zum Zeitpunkt der Einlieferung noch spannweich. Herr Prof. H.H. DATHE sandte mir damals die Kopie eines Bestimmungsschlüssels. Gespräche mit Prof. OEHLKE ergaben, daß vereinzelte Sichtbeobachtungen auch aus anderen Gebieten Ostdeutschlands vorlagen. Da die Determination mit großer Wahrscheinlichkeit Xylocopa violacea ergab, eine gewisse Unsicherheit aber blieb, wurde erst einmal von einer weiteren Veröffentlichung abgesehen. Das Kommentierte Verzeichnis der Wildbienen Sachsen (BALDOVSKI 1995) enthielt dann Funde dieser Art aus der Oberlausitz. Damit war die Anregung gegeben, den Beleg überprüfen zu lassen. Mit freundlicher Unterstützung von W. GUIDETTI und A. LIMBACH, die die Holzbienensammlung des PHYLLODROMs bearbeiten ließen, wurde er deshalb Herrn B. TKALCU (Prag) vorgelegt.
  Die Determination am 4.6.1995 ergab Xylocopa violacea. Das Individuum war zum Zeitpunkt des Fundes ca. 2 Wochen geflogen. Deshalb ist eine Einwanderung aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zwar nicht auszuschließen, es sollte aber davon ausgegangen werden, daß es sich hier um eine Verschleppung handelt (TKALCU, mdl). Diese Aussage wird durch den Fundort, in der Nähe des Güterbahnhofes Leutzsch, unterstützt.

Literatur
BALDOVSKI, G. (1995): Kommentiertes Verzeichnis der Wildbienen (Hymenoptera, Apoidea) des Freistaates Sachsen.- Mitt. Sächs. Ent. 29: 16 - 26

 
Das Kleine Ochsenauge (Hyponephele lycaon KÜHN) in der Braunkohlenfolgelandschaft im Kreis Delitzsch (RB Leipzig)

Dr. Ludwig Schellhammer

Am 5.8.1995 gelang es mir, ein Weibchen des Kleinen Ochsenauges bei Pflanzenkartierungsarbeiten im Kreise Delitzsch zu beobachten, und zwar am Großen Rundwanderweg Benndorf an der "Raststätte mit den beiden Steinen". Der Ort liegt unmittelbar nördlich angrenzend an das NSG Paupitzsch (Wasservogelschutzgebiet) und im allgemeinen nördlich des Restloches Holzweißig-West. Wir haben zum einen die bekannten Aufforstungen mit Pappeln, Robinien, Kiefern, Fichten, Ahorn, mit entsprechenden Sträuchern am Rande der Haine (Weißdorn, Sanddorn, Heckenrosen, Hartriegel u.a.), zum anderen Ödländereien auf Sandboden, bestanden mit Beifuß, Rainfarn, Gänsefuß- und Meldenarten, Rispige Flockenblume (Centaurea rhenana), Sand-Stohblume (Helichrysum arenarium), Zwerg-Filzkraut (Filago minima), Sand- Reitgras (Calamagrostis epigeios), Rauhblattschwingel (Festuca trachyphylla), Silbergras (Corynephorus canescens), Silber-Fingerkraut (Potentilla argentea ssp.), Nachtkerzen (Oenothera biennis ssp.), Brombeeren (Rubus fruticosus ssp.) u.a. Das Gelände ist bewegt, hervorgerufen durch die Nacharbeiten des Baggers, einmal das Restloch Holzweißig (51 m NN), zum anderen eine Hochkippe (108m NN), das Plateau hat eine Höhe von durchschittlich 80 m NN.
  Mir fiel neben dem Großen Ochsenauge (Maniola jurtina), dem Grasvogel (Aphantopus hyperantus), Schachbrettfaltern (Melanargia galathea) und Kleinem Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus), Kleinem Kohlweißling und Rapsweißling ein Schmetterling auf, dessen Flug mir verdächtig vorkam. Als er sich vor mich auf den heißen Sandboden setzte (Temperatur im Schatten an diesem Tag: 35°C), erkannte ich ein Weibchen des Kleinen Ochsenauges. Nur sehr selten habe ich das Kleine Ochsenauge gesehen, einmal in der Lausitz (Neschwitz), das andere Mal bei Wahren/Müritzsee in den 60-er Jahren.
HIGGINS/RILEY (1971) schreiben: An sandigen, trockenen Örtlichkeiten. Die Verbreitungskarte zeigt eine sehr weite Verbreitung von S-Europa über Mittel- Europa bis sogar Finnland, und weiter S-Rußland, Kleinasien und dem Kaukasus bis Zentralasien. Es fehlt aber auf großen Inseln und N-Afrika.
KOCH,M. (1988) gibt an, daß die Art sehr lokal vorkommt, dann aber unter Umständen häufig sein kann. Wieder ein Beispiel, daß eine große Verbreitung nicht immer mit der Häufigkeit einhergehen muß. Die Raupe lebt ab September an Gräsern, überwintert und lebt im Frühling bis Juni bis zu ihrer Verpuppung. Der Falter erscheint im Juli/August. Das kleine Ochsenauge sieht dem Großen Ochsenauge sehr ähnlich, ist kleiner, die Htflg-US des Männchens ist ohne Augenflecke, Vfl-OS des Weibchens mit zwei großen Augenflecken. Maniola jurtina hat beim Männchen auf der Hfl-US zwei Augenflecke, Vfl-OS des Weibchens nur einen Augenfleck. Auch scheint mir, daß die Grundfarbe in der Diskalregion, in denen die beiden schwarzen Augenflecken des Weibchens auf der Vfl-OS bei Hyponephele lycaon liegen, mehr ins Schwefelgelbe geht, während sie bei M.jurtina ins Rotgelbe tendiert. Als bemerkenswert möchte ich noch sagen, daß ich an derselben Stelle eine größere Population von Zygaena carniolica auf Centaurea rhenana, vereinzelt aber Hipparchia semele beobachtete, und im dürren Gras die wärmeliebende Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctata) in mehreren Exemplaren neben dem häufigen Nachtigall-Grashüpfer und dem Braunen Grashüpfer fand. Eine ebenso auffällige Erscheinung ist die Gebänderte Heidelibelle (Sympetrum pedemontanum), wie sie wie ein Doppeldecker oder Hubschrauber einherschwirrt. Sie scheint sich die Bergbaufolgelanschaft zu erschließen, sie kommt häufig und oft dominant hier vor. Das gleiche aber könnte ich sagen von den Kleinarten der Brombeere (Rubus fruticosus ssp.) oder der Nachtkerze (Oenothera biennis ssp.), die oft flächendeckend sich die weiten Flächen der Braunkolenbergbau-Folgelandschaften erschließen; vielleicht sind es manchmal auch nur ökologische Rassen. Auf jeden Fall ist es biologisch hoch interessant, wie sich Pflanzen und Tiere neue Lebensräume erschließen. In Gesprächen mit den Herren Ronald Schiller (NKM Leipzig) und Dr. Feldmann (Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig) erfuhr ich, daß im Oranienbaumer Teil der Dübener Heide das Kleine Ochsenauge vorkommt. So kann es sich im Fall meiner Beobachtung um eine Ausbreitung des Tieres nach Süden handeln. Herr Ronald Schiller sagte mir aber auch, daß das Kleine Ochsenauge im Regierungsbezirk Leipzig als verschollen gilt. Auch bin ich der Meinung, daß diese unwirtlichen Gegenden, die oft Steppen, zum Teil Wüsten gleichen, noch so manche Überraschung bringen werden, vor allem, weil Tiere und Pflanzen in Ruhe gelassen werden und Ausbreitungsprozesse hier normal vor sich gehen können.
  REINHARDT (1982) schreibt: "Aus allen Bezirken gemeldet, wenngleich die Art in weiten Kreisen fehlt. Offenbar hat die Art im SW der DDR ihre Flugplätze aufgegeben, besiedelt dafür neue Gebiete. Durch die DDR verläuft die mitteleuropäische Arealwestgrenze, so daß stets mit flukturierendem Verhalten zu rechnen ist."
  Für den Bezirk Leipzig liegen aktuelle Angaben (1950-82) nur für den Kammer- und Leinaforst bei Altenburg (Jungmann 1960) sowie für die Dahlener Heide vor (Ebert Dahlen und Oschatz). Ein gehäuftes Vorkommen zeigt die Verbreitungskarte von REINHARDT (1983) für die Nachbarbezirke Dresden und Cottbus, sowie Brandenburg (nur an der SW- und O-Grenze, Berlin starke Häufung).
REINHARDT (1990) gibt in seiner Veröffentlichung zur Situation der Tagfalter im Bezirk Leipzig an, daß der bekannte letzte Nachweis von H.lycaon als xerothermophiler Art 1926 aus coll. EBERT aus Dahlen stammt.
  1993 vergleicht REINHARDT seine Verbreitungskarte von 1982 mit der von 1993. Während sich 1982 noch zwei Punkte im Regierungsbezirk Leipzig fanden, gibt es 1993 keinen mehr. Gehäufte Vorkommen in Nachbarländern liegen nach REINHARDT (1993) in Ost-Sachsen und im zentralen Teil Brandenburgs.
GROSSER (1995), stellt in seiner dritten Abhandlung "Die Großschmetterlinge der Dübener Heide" im Tagfalterteil fest: " Die 1983 gestellte Frage, ob die Art (gemeint ist das Kleine Ochsenauge) noch aktueller Faunenbestandteil ist, kann durch den Nachweis von KELLNER (1993/94) - vor allem im NW und W Gebietsteil der Dübener Heide eindeutig positiv beantwortet werden."

Verwendete Literatur:
GROSSER,N., Prof.Dr. (1985): Die Großschmetterlinge der Dübener Heide. In: Veröff. NKM Leipzig, 13, 52-57
HIGGINS,L.G./RILEY,N.D. (1971): Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas. Parey Hamburg und Berlin
KOCH,M. (1988): Wir bestimmen Schmetterlinge, Ausgabe in einem Band. Neumann - Neudamm
MTB Delitzsch 4440 (1992). Landesvermessungsamt Sachsen
REINHARDT,R./KAMES,DR.P. + (1982): Beiträge zur Insektenfauna der DDR, Lepidoptera - Rhopalocera et Hesperiidae, I, 58 - 59, Verbreitungskarte 32
REINHARDT,R. (1990): Zur Situation der Tagfalter im Bezirk Leipzig (Lepidoptera, Rhopalocera), in: Veröff. NKM Leipzig, 8, 51 - 64
REINHARDT,R./THUST,R. (1993): Zur Entwicklung der Tagfalterfauna 1981-1990 in den ostdeutschen Ländern mit einer Bibliographie der Tagfalterliteratur 1949 - 1990, in: Neue Entomologische Nachrichten, 30, Karte S. 218, Dr. Eitschberger, Marktleuthen
Wandern im Landschaftspark Goitsche (1993), Wanderkarte. Landratsamt Delitzsch und MIBRAG

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