Inhalt:
Bemerkungen
zu einem Hirschkäferfund bei Grethen
Anmerkungen
zum Fund einer Holzbiene in Leipzig
Das
Kleine Ochsenauge (Hyponephele lycaon KÜHN) in der Braunkohlenfolgelandschaft
im Kreis Delitzsch (RB Leipzig)
Bemerkungen zu einem Hirschkäferfund bei Grethen
R. SCHILLER
Als im Juli 1995 dem Naturkundemuseum Leipzig
ein toter Hirschkäfer (Lucanus cervus) von Frl. SLOMYANI übergeben
wurde, erschien dieser Fund in der Nähe der Jugendherberge Grethen
zwar als interessant aber nicht unbedingt mitteilenswert, da gerade die
Wälder bei Großsteinberg als Lebensraum dieses geschützten
Käfers bekannt waren. Erst nach dem Erscheinen des Verzeichnisses
der Blatthornkäfer und Schröter des Freistaates Sachsen (KLAUSNITZER
1995) fiel auf, daß aus dem Regierungsbezirk kein Nachweis nach 1980
gemeldet worden war. Nachfragen innerhalb der Fachgruppe ergaben, daß
auch anderen Fachgruppenmitgliedern zwar ältere Funde bekannt waren,
aktuelle Vorkommen bei Leipzig aber nicht genannt werden konnten.
Nach Auskunft der Finderin lag das Exemplar,
bereits tot und leicht beschädigt, auf einem Weg. Es wurde durch W.
GUIDETTI präpariert und befindet sich in der Sammlung des Naturkundemuseums
Leipzig.
Literatur
KLAUSNITZER, B. (1995): Kommentiertes Verzeichnis
der Blatthornkäfer und Schröter (Coleoptera, Trogidae, Geotrupidae,
Scarabaeidae, Lucanidae) des Freistaates Sachsen.- Mitt. Sächs. Ent.
31: 4 - 10
Anmerkungen zum Fund einer Holzbiene in Leipzig
R. SCHILLER
Über den Totfund einer Holzbiene in Leipzig-Leutzsch
(14.07.1988, Kleingartenanlage Merseburger Landstraße, Herr ELLRICH)
wurde sowohl in der Fachgruppe als auch in einem Rückseitentext des
Monatsprogrammes unseres Museums berichtet. Das Exemplar war zum Zeitpunkt
der Einlieferung noch spannweich. Herr Prof. H.H. DATHE sandte mir damals
die Kopie eines Bestimmungsschlüssels. Gespräche mit Prof. OEHLKE
ergaben, daß vereinzelte Sichtbeobachtungen auch aus anderen Gebieten
Ostdeutschlands vorlagen. Da die Determination mit großer Wahrscheinlichkeit
Xylocopa violacea ergab, eine gewisse Unsicherheit aber blieb, wurde erst
einmal von einer weiteren Veröffentlichung abgesehen. Das Kommentierte
Verzeichnis der Wildbienen Sachsen (BALDOVSKI 1995) enthielt dann Funde
dieser Art aus der Oberlausitz. Damit war die Anregung gegeben, den Beleg
überprüfen zu lassen. Mit freundlicher Unterstützung von
W. GUIDETTI und A. LIMBACH, die die Holzbienensammlung des PHYLLODROMs
bearbeiten ließen, wurde er deshalb Herrn B. TKALCU (Prag) vorgelegt.
Die Determination am 4.6.1995 ergab Xylocopa
violacea. Das Individuum war zum Zeitpunkt des Fundes ca. 2 Wochen geflogen.
Deshalb ist eine Einwanderung aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet
zwar nicht auszuschließen, es sollte aber davon ausgegangen werden,
daß es sich hier um eine Verschleppung handelt (TKALCU, mdl). Diese
Aussage wird durch den Fundort, in der Nähe des Güterbahnhofes
Leutzsch, unterstützt.
Literatur
BALDOVSKI, G. (1995): Kommentiertes Verzeichnis
der Wildbienen (Hymenoptera, Apoidea) des Freistaates Sachsen.- Mitt. Sächs.
Ent. 29: 16 - 26
Das
Kleine Ochsenauge (Hyponephele lycaon KÜHN) in der Braunkohlenfolgelandschaft
im Kreis Delitzsch (RB Leipzig)
Dr. Ludwig Schellhammer
Am 5.8.1995 gelang es mir, ein Weibchen des Kleinen
Ochsenauges bei Pflanzenkartierungsarbeiten im Kreise Delitzsch zu beobachten,
und zwar am Großen Rundwanderweg Benndorf an der "Raststätte
mit den beiden Steinen". Der Ort liegt unmittelbar nördlich angrenzend
an das NSG Paupitzsch (Wasservogelschutzgebiet) und im allgemeinen nördlich
des Restloches Holzweißig-West. Wir haben zum einen die bekannten
Aufforstungen mit Pappeln, Robinien, Kiefern, Fichten, Ahorn, mit entsprechenden
Sträuchern am Rande der Haine (Weißdorn, Sanddorn, Heckenrosen,
Hartriegel u.a.), zum anderen Ödländereien auf Sandboden, bestanden
mit Beifuß, Rainfarn, Gänsefuß- und Meldenarten, Rispige
Flockenblume (Centaurea rhenana), Sand-Stohblume (Helichrysum
arenarium), Zwerg-Filzkraut (Filago minima), Sand- Reitgras
(Calamagrostis epigeios), Rauhblattschwingel (Festuca trachyphylla),
Silbergras (Corynephorus canescens), Silber-Fingerkraut (Potentilla
argentea ssp.), Nachtkerzen (Oenothera biennis ssp.), Brombeeren
(Rubus fruticosus ssp.) u.a. Das Gelände ist bewegt, hervorgerufen
durch die Nacharbeiten des Baggers, einmal das Restloch Holzweißig
(51 m NN), zum anderen eine Hochkippe (108m NN), das Plateau hat eine Höhe
von durchschittlich 80 m NN.
Mir fiel neben dem Großen Ochsenauge
(Maniola jurtina), dem Grasvogel (Aphantopus hyperantus),
Schachbrettfaltern (Melanargia galathea) und Kleinem Wiesenvögelchen
(Coenonympha pamphilus), Kleinem Kohlweißling und Rapsweißling
ein Schmetterling auf, dessen Flug mir verdächtig vorkam. Als er sich
vor mich auf den heißen Sandboden setzte (Temperatur im Schatten
an diesem Tag: 35°C), erkannte ich ein Weibchen des Kleinen Ochsenauges.
Nur sehr selten habe ich das Kleine Ochsenauge gesehen, einmal in der Lausitz
(Neschwitz), das andere Mal bei Wahren/Müritzsee in den 60-er Jahren.
HIGGINS/RILEY (1971) schreiben: An sandigen,
trockenen Örtlichkeiten. Die Verbreitungskarte zeigt eine sehr weite
Verbreitung von S-Europa über Mittel- Europa bis sogar Finnland, und
weiter S-Rußland, Kleinasien und dem Kaukasus bis Zentralasien. Es
fehlt aber auf großen Inseln und N-Afrika.
KOCH,M. (1988) gibt an, daß die Art sehr
lokal vorkommt, dann aber unter Umständen häufig sein kann. Wieder
ein Beispiel, daß eine große Verbreitung nicht immer mit der
Häufigkeit einhergehen muß. Die Raupe lebt ab September an Gräsern,
überwintert und lebt im Frühling bis Juni bis zu ihrer Verpuppung.
Der Falter erscheint im Juli/August. Das kleine Ochsenauge sieht dem Großen
Ochsenauge sehr ähnlich, ist kleiner, die Htflg-US des Männchens
ist ohne Augenflecke, Vfl-OS des Weibchens mit zwei großen Augenflecken.
Maniola jurtina hat beim Männchen auf der Hfl-US zwei Augenflecke,
Vfl-OS des Weibchens nur einen Augenfleck. Auch scheint mir, daß
die Grundfarbe in der Diskalregion, in denen die beiden schwarzen Augenflecken
des Weibchens auf der Vfl-OS bei Hyponephele lycaon liegen, mehr ins Schwefelgelbe
geht, während sie bei M.jurtina ins Rotgelbe tendiert. Als bemerkenswert
möchte ich noch sagen, daß ich an derselben Stelle eine größere
Population von Zygaena carniolica auf Centaurea rhenana, vereinzelt aber
Hipparchia semele beobachtete, und im dürren Gras die wärmeliebende
Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctata) in mehreren Exemplaren
neben dem häufigen Nachtigall-Grashüpfer und dem Braunen Grashüpfer
fand. Eine ebenso auffällige Erscheinung ist die Gebänderte Heidelibelle
(Sympetrum pedemontanum), wie sie wie ein Doppeldecker oder Hubschrauber
einherschwirrt. Sie scheint sich die Bergbaufolgelanschaft zu erschließen,
sie kommt häufig und oft dominant hier vor. Das gleiche aber könnte
ich sagen von den Kleinarten der Brombeere (Rubus fruticosus ssp.) oder
der Nachtkerze (Oenothera biennis ssp.), die oft flächendeckend sich
die weiten Flächen der Braunkolenbergbau-Folgelandschaften erschließen;
vielleicht sind es manchmal auch nur ökologische Rassen. Auf jeden
Fall ist es biologisch hoch interessant, wie sich Pflanzen und Tiere neue
Lebensräume erschließen. In Gesprächen mit den Herren Ronald
Schiller (NKM Leipzig) und Dr. Feldmann (Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig)
erfuhr ich, daß im Oranienbaumer Teil der Dübener Heide das
Kleine Ochsenauge vorkommt. So kann es sich im Fall meiner Beobachtung
um eine Ausbreitung des Tieres nach Süden handeln. Herr Ronald Schiller
sagte mir aber auch, daß das Kleine Ochsenauge im Regierungsbezirk
Leipzig als verschollen gilt. Auch bin ich der Meinung, daß diese
unwirtlichen Gegenden, die oft Steppen, zum Teil Wüsten gleichen,
noch so manche Überraschung bringen werden, vor allem, weil Tiere
und Pflanzen in Ruhe gelassen werden und Ausbreitungsprozesse hier normal
vor sich gehen können.
REINHARDT (1982) schreibt: "Aus allen
Bezirken gemeldet, wenngleich die Art in weiten Kreisen fehlt. Offenbar
hat die Art im SW der DDR ihre Flugplätze aufgegeben, besiedelt dafür
neue Gebiete. Durch die DDR verläuft die mitteleuropäische Arealwestgrenze,
so daß stets mit flukturierendem Verhalten zu rechnen ist."
Für den Bezirk Leipzig liegen aktuelle
Angaben (1950-82) nur für den Kammer- und Leinaforst bei Altenburg
(Jungmann 1960) sowie für die Dahlener Heide vor (Ebert Dahlen und
Oschatz). Ein gehäuftes Vorkommen zeigt die Verbreitungskarte von
REINHARDT (1983) für die Nachbarbezirke Dresden und Cottbus, sowie
Brandenburg (nur an der SW- und O-Grenze, Berlin starke Häufung).
REINHARDT (1990) gibt in seiner Veröffentlichung
zur Situation der Tagfalter im Bezirk Leipzig an, daß der bekannte
letzte Nachweis von H.lycaon als xerothermophiler Art 1926 aus coll. EBERT
aus Dahlen stammt.
1993 vergleicht REINHARDT seine Verbreitungskarte
von 1982 mit der von 1993. Während sich 1982 noch zwei Punkte im Regierungsbezirk
Leipzig fanden, gibt es 1993 keinen mehr. Gehäufte Vorkommen in Nachbarländern
liegen nach REINHARDT (1993) in Ost-Sachsen und im zentralen Teil Brandenburgs.
GROSSER (1995), stellt in seiner dritten Abhandlung
"Die Großschmetterlinge der Dübener Heide" im Tagfalterteil
fest: " Die 1983 gestellte Frage, ob die Art (gemeint ist das Kleine Ochsenauge)
noch aktueller Faunenbestandteil ist, kann durch den Nachweis von KELLNER
(1993/94) - vor allem im NW und W Gebietsteil der Dübener Heide eindeutig
positiv beantwortet werden."
Verwendete Literatur:
GROSSER,N., Prof.Dr. (1985): Die Großschmetterlinge
der Dübener Heide. In: Veröff. NKM Leipzig, 13, 52-57
HIGGINS,L.G./RILEY,N.D. (1971): Die Tagfalter
Europas und Nordwestafrikas. Parey Hamburg und Berlin
KOCH,M. (1988): Wir bestimmen Schmetterlinge,
Ausgabe in einem Band. Neumann - Neudamm
MTB Delitzsch 4440 (1992). Landesvermessungsamt
Sachsen
REINHARDT,R./KAMES,DR.P. + (1982): Beiträge
zur Insektenfauna der DDR, Lepidoptera - Rhopalocera et Hesperiidae, I,
58 - 59, Verbreitungskarte 32
REINHARDT,R. (1990): Zur Situation der Tagfalter
im Bezirk Leipzig (Lepidoptera, Rhopalocera), in: Veröff. NKM Leipzig,
8, 51 - 64
REINHARDT,R./THUST,R. (1993): Zur Entwicklung
der Tagfalterfauna 1981-1990 in den ostdeutschen Ländern mit einer
Bibliographie der Tagfalterliteratur 1949 - 1990, in: Neue Entomologische
Nachrichten, 30, Karte S. 218, Dr. Eitschberger, Marktleuthen
Wandern im Landschaftspark Goitsche (1993), Wanderkarte.
Landratsamt Delitzsch und MIBRAG