Heft 8, 1998
Leider ist es schon zur schlechten Tradition geworden, daß das
eigentlich im Herbst geplante Heft der Maturna erst im Januar erscheint.
Auch in diesem Jahr war es nicht zu vermeiden. Wir entschuldigen uns (wie-der)
dafür.
In diesem Heft gibt es eine weitere Fortsetzung des Falterjahres, diesmal
für 1998 mit einigen Ergänzungen zu 1997, einen Beitrag über
die Funde des Oleander- und Totenkopfschwärmers und einen Artikel
über interessante entomologische Beobachtungen während einer
Urlaubsfahrt in Tunesien.
Auf einen Artikel in diesem Heft möchte ich besonders hinweisen:
Die Würdigung zum 90 Geburtstag von Max FÜGE. Dieser Artikel
soll auch ein Anfang sein, Material zur Geschichte der Entomologie und
der Fachgruppe bzw. dem früheren Leipziger Entomologischen Verein
zu sammeln und zumindest teilweise zu veröffentlichen. Ich möchte
alle Fachgruppen-Mitglieder auffordern, daran mitzuwirken, sich zu erinnern
und das vorhandene Wissen aufzuschreiben. Vor allem interessieren uns die
60-er und 70-er Jahre der Fachgruppe.
In diesem Heft möchten wir mit einer neuen Rubrik beginnen, dem
Literaturtip. Hier sollen interessante Bücher vorgestellt werden,
die in der Bibliothek des Naturkundemuseum Leipzig oder des PHYLLODROM
e.V. einzusehen sind.
Wie im letzten Heft schon beschrieben, gibt es von der Maturna auch
eine Internetausgabe. Dort wurde Ende Oktober 1998 ein Zähler installiert,
der die Besuche auf diesen Seiten zählt. Von Oktober 1998 bis Januar
1999 wurden ca. 700 Besucher gezählt.
Mario GRAUL
Inhalt
Wie allen interessierten Bürgern ist es natürlich auch für die Mitglieder der Fachgruppe möglich, die Bibliotheken des Naturkundemuseum Leipzig und des PHYLLODROM e.V. zu nutzen. Allerdings kann die Literatur normalerweise nur vor Ort eingesehen und nicht mit nach Hause genommen werden.
Die Kontaktperson für die Bibliothek des PHYLLODROM e.V. ist Herr Wolfram Guidetti. Er ist über das Naturkundemuseum zu erreichen. Vor der Benutzung der Bibliothek des Naturkundemuseums ist es zu empfehlen, an einer der mehrfach im Jahr stattfindenden Bibliotheksführungen teilzunehmen. Wir werden an den Fachgruppenabenden auf entsprechende Termine hinweisen. Die Kontaktperson hier ist Christine Becker.
Knötgen, Bela von (1997): Ornithoptera. Wangen/Allg.(MGG Verlag Frankenbach). 291 S., 288 Farbabb.
Etwa 20 Jahre hat es gedauert, bis Bela von Knötgen seine Idee - ein Buch über Ornithoptera zu publizieren - verwirklichen konnte. Doch nun ist diese Idee in ein erstklassiges Werk umgesetzt geworden, das, schon allein wegen der brillanten, naturgetreuen Farbtafeln, seinesgleichen suchen muss. Die sehr übersichtliche und allgemeinverständliche Ausgabe gibt einen Überblick über alle, bis zum Erscheinen des Buches, bekannten Species und Subspecies des Genus Ornithoptera und findet, begünstigt durch den dreisprachigen Text (deutsch, englisch und französisch) als Leitfaden und Nachschlagwerk bereits internationale Anerkennung.
Wie bei vielen Entomologen galt Bela von Knötgens Interesse zunächst den Schmetterlingen der Paläarktis, jedoch spezialisierte er sich schon recht bald auf die Augenspinner, die sogenannten Saturniidae. Viele Jahre beschäftigte er sich mit der Zucht von Saturniiden aus aller Welt und beobachtete vor allem deren Variabilität. Gerade die Variabilität entzündete schließlich sein leidenschaftliches Interesse für die Ornithoptera, welches ihn seither nicht mehr losgelassen hat. Doch diese Leidenschaft ist für Wissenschaftler und Laien um so verständlicher, sofern sie einmal Gelegenheit hatten, einen Vertreter der Ornithoptera in freier Natur zu beobachten, denn beim Spiel der Form und Farben sind in dieser Gruppe wahrlich keine Grenzen gesetzt.
Die Faszination, die von diesen Faltern ausgeht, hat bereits Alfred R. Wallace, einer der bedeutendsten Forscher des letzten Jahrhunderts, in seinem Bericht über die Entdeckung des Ornithoptera croesus auf der Insel Batchian im Jahre 1859 deutlich zum Ausdruck gebracht: "Ich fand, wie ich es vermutet hatte, eine vollkommen neue und ganz besonders prächtige Art, wohl eine der am herrlichsten gefärbten Tagfalter der Erde. Die schönen männlichen Exemplare haben eine Flügelspannweite von mehr als sieben Zoll. Die Flügel sind samtartig schwarz und glühend orange gefärbt; letztere Farbe ersetzt das grün der verwandten Arten. Die Schönheit und der Glanz des Insektes sind unbeschreiblich, und nur ein Naturwissenschaftler kann die heftige Erregung begreifen, die mich erfasste, als ich ihn endlich gefangen hatte".
Die knapp 300 Seiten umfassende Monographie gibt zu Beginn einen kurzen Überblick über das Vebreitungsgebiet der Ornithoptera, gefolgt von einem Modell zur Beschreibung der Flügel. Eine doppelseitige systematische Übersicht zur Einordnung der heute bekannten Arten und Unterarten des Genus Ornithoptera - mit den Subgenera Ornithoptera, Schönbergia und Aetheoptera - war dem Autor ein besonderes großes Anliegen. Der Hauptteil des Buches befaßt sich ausschließlich mit den verschiedenen Species und Subspecies, wobei der Autor mit einer sehr anschaulichen und eindrücklichen Aufmachung arbeitet. Für jede beschriebene Species bzw. Subspecies wird eine Doppelseite verwendet. Auf der linken Seite findet man eine Kurzbeschreibung des Falters, eine geographische Karte mit dem eingezeichnetem Verbreitungsgebiet sowie einige wissenswerte Anmerkungen zur beschriebenen Art. Auf der rechten Seite findet man 2 lebensgroßen Farbabildungen (Männchen und Weibchen) des Taxons. Durch die äußerst aufwendige Reproduktionstechnik wurde eine qualitativ sehr hochwertige und naturgetreue Farb- und Zeichnungswiedergabe der abgebildeten Falter erreicht. Am Ende des Buches findet der interessierte Leser noch einige weiterreichenden Informationen zur Variabilität einzelner Subspecies.
Wie der Autor bereits im Vorwort seines Buches erwähnt, liegt es ihm absolut fern, durch sein Werk die bestehende Literatur zu ersetzen. Bela von Knötgen versteht sein Buch als Ergänzung zu dem richtungsweisenden Werk "Studies in the Systematics of Troides and its Allies"(1943) von Dr. F.E. Zeuner - den er sehr verehrt und schätzt -, zu dem Bildband von Bernard D'Abrera "Birdwing Butterflies of the World"(1975) und zu dem führenden Standardwerk von Haugum & Low "A Monograph of the Birdwing Butterflies"(1978). Durch die kompakte, übersichtliche und allgemeinverständliche Form des Buches, schuf Bela von Knötgen einen zeitgerechten Leitfaden für jederman, sowohl für den Laien als auch für den Experten.
R. BarensteinerTuzow, V. et al. (1997): Guide to the Butterflies of Russia and adjacent Territories, Vol. 1. Sofia & Moscow (Pensoft Publishers), 480 S., 79 Farbtafeln
Der erste Band der " Schmetterlinge Rußland und angrenzender Gebiete" enthält eine Bearbeitung der Hesperiidae, Papilionidae, Pieridae und Satyridae, letztere werden heute als Unterfamilie zu den Nymphaliden gestellt. Das Buch behandelt das Gebiet der früheren Sowjetunion, also auch den Kaukasus, Mittelasien ..., Gegenden die so mancher in der Vergangenheit bereist hat. Im Normalfall sind Männchen, Weibchen und Unterseite sowie, wenn beschrieben, die verschiedenen Unterarten als fotografierte Sammlungstiere abgebildet. Der Text umfaßt das Zitat der Urbeschreibung, den locus typicus, Synonyme, Verbreitung, Angaben zu Habitat und Biologie sowie kurze Angaben zu ähnlichen Arten. Alle Texte sind in Englisch und recht kurz gefaßt. Das Buch ist eine wertvolle und unersetzliche Hilfe für alle, die Tagfalter aus der östlichen Paläarktis besitzen und bestimmen möchten. In einer der nächsten Fachgruppenveranstaltungen möchte ich es gemeinsam mit anderen Neueingängen aus der Bibliothek unseres Museum vorstellen.
Ronald Schiller
Der
Nestor der Leipziger Entomologie wurde 90 Jahre alt!
Dr. Ludwig Schellhammer
Die Gratulationen am 3. Dezember 1998 sind vorbei, 33 Gratulanten waren gekommen: die Fachgruppe Entomologie am Naturkundemuseum, der Naturschutz, die Feldherpetologen, Vertreter der Aquarien- und Terrarienfreunde, der alte Freund Suhr vom ehemaligen Kulturbund, Verwandte und Bekannte...
Wer war eigentlich Max Füge? Eine schnelle Biografie von ihm zu erhalten, geht nicht. Man muß viel, viel Zeit mitbringen, dann allerdings wird Max zum brillanten Erzähler.
Max Füge wurde am 3. Dezember 1908 in Leipzig - Thonberg in der Reitzenhainer Str. 6 (heute Prager Straße) geboren. Sein Vater war Offizier, später Postamtmann. Seine Mutter führte den Haushalt bei verschiedenen Familien.
Max besuchte die 27. Volksschule in Thonberg und hatte gute Lehrer. So machte der Hauptlehrer Moritz die Schüler nicht nur mit den großen Kulturen der Menschheit bekannt, sondern wanderte auch mit ihnen, beispielsweise ins Oberholz. Max hatte immer eine Zigarrenkiste bei sich, für Eidechsen und anderes Getier. Oberlehrer Wichand von der Herderschule, den er im Verein Nymphaea kennenlernte und an den er sich lobend erinnert, weckte bei ihm naturwissenschaftliches Interesse. Viele Kenntnisse eignete sich Max Füge ohne Ausbildung an, das nennt man wohl Autodidakt; seine Mutter unterstützte ihn dabei.
Das Haus in der Reitzenhainer Straße gehörte der Großmutter. Der Großvater, Julius Füge, war Kürschnermeister und Entomologe, er besaß einen ganzen Schrank mit Schmetterlingen. Sein Onkel, Bernhard Füge, arbeitete zeitweilig im Museum in Hannover und kehrte 1923 wieder nach Leipzig zurück. 1923 war die Hochinflation, ihre Folgen spürte auch Max. Er wollte zunächst Förster werden, aber das Forststudium war zu teuer. So brauchte er eine andere Arbeit. Deshalb ging er mit der Großmutter zur Darmstädter Nationalbank, wo diese nun arbeitete. Man nahm ihn in der Dossierabteilung auf. Das alphabetische Ordnen lernte er im Handumdrehen, denn Max hatte eine gute Auffassungsgabe. 1924 wars zu Ende, da kam die Rentenmark. Max Füge war vier Wochen arbeitslos, übrigens die einzige Zeit, in der er arbeitslos war, 51 Arbeitsjahre folgten.
Seine Mutter ging mit ihm zu einem Antiquariat, es war "Gustav Fock" in der Markgrafenstraße (Schloßgasse). Am Stehpult stand ein Subalterner, der musterte Max, und wahrscheinlich aus Mitleid (er hatte selbst sieben Kinder) stellte er ihn ein. Ein Ausspruch von Max Füge soll hier eingefügt werden: "Ich habe immer Glück im Leben gehabt!". Das wirft ein Licht auf ihn als optimistischen Menschen, der immer das Positive und Gute im Leben sah, auch im Menschen. Für Max begannen nun vier Lehrjahre, er war in einem wissenschaftlichen Großantiquariat, das Filialen in New York und Tokio hatte. Geleitet wurde das Antiquariat von den Herren Rothschild und Jolewitsch, beide jüdischer Herkunft. Bis heute hat Max Füge Achtung vor ihnen, denn er lernte sie in seiner Lehre als tüchtige, sozial eingestellte und tolerante Menschen kennen. Max kam in Kontakt mit berühmten Werken der Vergangenheit, beispielsweise den Grafiken von Marie Sibylle Merian und ihrem Vater. Nach Feierabend erlernte Max Füge als Volontär die Präparation von Tieren bei der Firma Müller in der heutigen Eisenbahnstraße. Das Präparieren ging ihm gut von der Hand, denn er war ja ein scharfer Naturbeobachter.
Max Füge wurde im Kriege als Hilfpolizist dienstverpflichtet. So mußte er gemeinsam mit anderen z.B. die Luftüberwachung in Leipzig durchführen und erlebte die Bombenangriffe auf Leipzig. 1945 kam er über Österreich auf den Balkan nach Slovenien, Kroatien und Bosnien, wo er Schienenwege bewachen mußte. Wie er berichtet, flog sein von Pferden gezogener Wagen mehrmals in die Luft durch explodierende Minen, die jugoslawische Partisanen gelegt hatten. Einmal traf es alle seine Kameraden, er hatte wieder Glück, blieb mit schwerer Schädelverletzung am Leben und kam ins Behelfslazarett nach Völkermark bei Klagenfurt in Kärnten. Hier erlebte er das Kriegsende. Da später ein Korridoraustausch stattfand, erhielten die Engländer die Steiermark, und Marschall Tito mußte sich zurückziehen. So war Max plötzlich englischer Kriegsgefangener, wieder ein Glücksfall. Später kam er nach Torent und Rimini. Max lernte Rom kennen, Monte Casino. Schließlich wurde ein Lazarettzug Richtung Deutschland zusammengestellt, das war im Februar 1947. Max wollte in seine Heimat nach Leipzig, das sowjetische Besatzungszone war. Und so fuhr der Lazarettzug über den Brennerpaß nach Hof, wurde umgeleitet (der kalte Krieg hatte begonnen) nach Bebra, und von hier ging es nach Erfurt. Schließlich kam er nach Leipzig und mußte hier mit seinem Freund Alfred Kunze (nach dem später das Stadion in Leutzsch benannt wurde, Fußballer und Meistertrainer von Chemie Leipzig) in das Heimkehrerlager nach Möckern (Quarantäne, Entlausung, Registrierung). Max hielt sich immer, wie er berichtet, an die Normen und brachte den Vorgesetzten Achtung entgegen, ohne je ein Untertan zu sein. So auch hier im Lager Möckern bis zu seiner Entlassung.
Was nun? Der Krieg war zu Ende. Für Antiquariate gab es kaum ein Überleben, es fehlte die Nachfrage. Also meldete er sich in der Präparatorenwerkstatt bei der Firma Müller. Hier wurde er gerne aufgenommen und wurde bald Abteilungsleiter. Es wurde in Serien gearbeitet, z.B. Skelette verschiedener Tiere, Stopfpräparate, Insektenbiologien u.a. 1957 wurde die Firma Müller aus verschiedenerlei Gründen aufgelöst. Kurze Zeit war Max bei der Firma Hummel, einer Privatfirma, die vor allem Gipsmodelle herstellte. Max Füge entwickelte Schaukästen, z.B. Maiskasten, Kartoffelschaukasten, Schädlingskästen u.a. Aber auch diese Firma ging zu Grunde. 1958 kam Max Füge zur landwirtschaftlichen Zoologie der Universität Leipzig. Er fertigte hier vor allem Modelle in der landwirtschaftlichen Phytopathologie an und leitete die "Mäusezucht" in der Fichtestraße für Prof. Geiler. Die Hochschulreform kam, die Tierproduktion mußte von Halle nach Leipzig, die Botanik mußte von Leipzig nach Halle, unglückselige Beschlüsse folgten. 1973 ging Max Füge in Rente, arbeitete aber noch drei Jahre bis 1976 weiter.
Die Vielfalt seiner Interessen führte zum Engagement in verschiedenen Vereinen und Interessengruppen. Max Füge fand schon 1924, also 16jährig, den Zugang zum Verein "Nymphaea" in Leipzig, der sich mit Aquarien- und Terrarienhaltung befaßte. Er hat gute Erinnerung an Herrn Richard Krüger, Vorsitzender der Nymphaea, der in der Nürnberger Straße eine Aquarien- und Terrarienhandlung hatte und auch mit Insekten handelte. Hier ging er aus und ein. Max schrieb sogar Artikel für die Aquarienzeitung und lieferte Zeichnungen. Ihn interessierte als Naturfreund faktisch alles. "Tiere artgerecht halten ist besser als konservierender Naturschutz", so seine Meinung. "Menschen werden immer mehr, für Tiere aber gibt es keinen Platz." Daraus resultiert auch ein relativ gespaltenes Verhältnis zum heutigen Naturschutz. Ich erfuhr auch, daß Max nie ein Nadelentomologe war: "Mich interessiert das Leben der Insekten, die ich beobachte, das Verhalten der Tiere." Das erklärt auch, daß ich bei Max nie eine größere Insektensammlung gesehen habe. "Beobachten, die Jugend zur Naturbeobachtung anleiten", das war seine Devise, sicherlich eine hoch lobenswerte Maxime seines Lebens. "Ich habe immer für meine Interessen gelebt, nie war ich dem Gelde hinterher, ich war immer Diplomat, stets tolerant."
1947 bildete sich neben der Nymphaea ein neuer Verein: Aqua-West, dort trat Max ein. Der Naturschützer Zitschke erinnert sich heute: "Es war stets ein Erlebnis, mit Max Füge tümpeln zu gehen, und wir Jungen lernten bei diesen Exkursionen das Vielfache von dem, was wir in Büchern lesen konnten.". Der Kulturbund wurde in der damaligen sowjetischen Besatzungszone gebildet, Max stürzte sich umgehend hinein in die Arbeit - und hatte sofort die Terrarienfreunde auf dem Halse. Vom Verein Aqua-West spalteten die Freunde Hennig und Suhr die Terrariengruppe ab. Max Füge kletterte schnell im Kulturbund, wurde sogar in die Kulturbund-Bezirksleitung gewählt. Max zeigte mir seine vielen Auszeichnungen: Ehrennadel der Natur- und Heimatfreunde, Johannes-R.-Becher-Medaille in Bronze, Silber und sogar in Gold, und viele Diplome und Ehrenurkunden von Aquarien- und Terrariengruppen. Er sagt selbst, daß er im Kulturbund groß geworden ist.
Wo aber war die Entomologie in Leipzig? Frankfurt/Main und Leipzig waren vor dem Kriege die Hauptstätten der Entomologie in Deutschland. Sicher ist es Fankfurt/Main geblieben, andere kamen hinzu, - aber Leipzig?
Ich selbst und mein Vater wurden damals Mitglied der kleinen Entomologengruppe, die sich im damaligen Naturkundlichen Heimatmuseum traf. Herr Klötzsch (Wahren - Leipzig) hatte uns in diese kleine Gruppe gebracht, als wir uns im Auwald bei Lützschena zufällig trafen, beim Beobachten des Maivogels und der Kleinen Schillerfalter. Ich war 1948 - 1953 Mitglied und mußte dann Leipzig verlassen, weil ich als Neulehrer in die "Steppe", in den Kreis Torgau, verbannt wurde - aus mit der Entomologie. Ich erinnere mich der damaligen Herren: Krüger, Richard war Vorsitzender (immer Zigarre rauchend), Scheuring (wurde mein Schmetterlingslehrer und Freund), Klötzsch, Pfaffe (der damals aktivste Sammler), und sein Freund Wedel, Uhde sammelte Apollos (war auf dem Vermessungsamt im Rathaus), und der landwirtschaftliche Lehrling Joachim Oehlke (heute Professor in Eberswalde, Hymenopterenspezialist); sicherlich habe ich Namen vergessen. Und da war das Dreigestirn: Studienrat Dorn (Käfer); Studienrat Dietze (Käfer), Michalk (Wanzenspezialist, kleiner Handel mit entomologischem Bedarf), jeder eine kleine Kapazität.
Was aber war mit der Schmetterlingssammlung und der Bibliothek, die dem Leipziger Verein Fauna gehörten? Die Sammlung und ein Teil der Bibliothek wollten die Entomologen vor den Nachkriegswirren sicherstellen. Abenteuerliche Wege wurden beschritten, jedoch ging die Leipziger Lokalsammlung verloren. Schade! Max Füge will nicht weiter über diese Zeit reden, auch was die damaligen Verantwortlichen betrifft..., aber die Bibliothek blieb zumindest teilweise erhalten.
Zurück in die 50er Jahre. Die Teilnahme des kleinen Häufleins Entomologen ging immer mehr zurück. Max Füge erzählt darüber, daß er Ende der 50er Jahre vom Kulturbund beauftragt wurde, eine Entomologengruppe neu zu bilden. Er wurde aufgefordert, in die Lausitz zu fahren, zu einer entomologischen Zusammenkunft. Dort war er der einzige "Leipziger" inmitten von späteren Koryphäen, so Prof. Jordan (Wanzenspezialist), Prof. Ebert (damals Förster), Oberstudienrat Heinicke (Eulenspezialist) u.a. Herr Füge erzählt, daß sich die Entomologen ab 1960 im Raum 4 des Heimatmuseums hinter der Kasse trafen. Aber dazu bedurfte es eines Neuanfanges. Herr Wedel leitete die Versammlung, Max war "Spiritus rector", kommissarischer Leiter, bis er etwa ab 1970 die Leitung selbst übernahm. Es ging wieder aufwärts, und regelmäßig einmal im Monat kamen die Leipziger Entomologen zusammen. Ab 1965 war Herr Dr. Beer Direktor des Naturkundemuseums, ein Biologe, bekannt weit über die Grenzen von Leipzig hinaus, auch entomologisch interessiert (Käfer). Im Zuge des Umbaus des Museums sollte die Bibliothek aus dem Museum. Zunächst nahm Herr Forst-Ing. Berger die Bibliothek in seinen Dachraum, auch die ganzen entomologischen Zeitschriften (die von ca. 1850 - 1943! fast vollständig vorhanden waren). Dann kam die Bibliothek in das ehemalige Gebäude der Kulturbund-Kreisleitung in die Käthe-Kollwitz-Straße. Schließlich wollte der Kulturbund die Bibliothek an ein Antiquariat verkaufen, daß es dazu nicht kam, war Füge Max zu verdanken. Er rettete die Bibliothek und übergab sie dem Naturkundemuseum Leipzig - wir erkennen das heute als Großtat! Im Übergabeprotokoll steht, daß die entomologische Bibliothek, und sie ist ein nicht genug zu würdigender Schatz, auch fernerhin den Leipziger Entomologen offensteht. Die wertvolle Bibliothek teilte also nicht das Schicksal der Leipziger Schmetterlingslokalsammlung.
Die Vereine mußten Ende der 70er Jahre unverständlicherweise aus dem Naturkundemuseum heraus, so auch die Fachgruppe Entomologie. Ihr neues Domizil war der Club der Intelligenz in der Elsterstraße. Hier lernte ich, 1982 nach Leipzig zurückgekehrt, die entomologische Fachgruppe kennen. Von den "Alten" war nurmehr Herr Fichtner (Wasserkäferspezialist) da, ansonsten alles neue Gesichter. Vorsitzender war ein junger Kollege, Herr Schneider, ferner war in der Leitung Herr Hoffmann. Max Füge war wieder "Spiritus rector". Zu dieser Zeit kam Ronald Schiller in die Fachgruppe, der 1987 die Leitung übernahm. 1990 zog die Fachgruppe dann zurück ins Naturkundemuseum.
Zum 90. Geburtstag wirkte Max Füge auf uns, wie wir ihn immer kannten: frisch und munter, an allem interessiert, freundlich, aufrichtig, tolerant, zu Witzen immer aufgelegt. Einen Schlaganfall vor 2 Jahren hat er gut überstanden, voriges Jahr verlor er seine liebe Frau Else. Nun ist er einsam geworden. Im 10. Stock eines Wohnhauses wohnt er, er, der sich immer von früh bis abends in der Natur herumtrieb, in einer Straße, die an die Große Schlacht vom 16.-18.Oktober 1813 in Leipzig erinnert. Einfach und sauber ist sein Zimmer eingerichtet. An den Wänden hängen Bilder seiner Großmutter, eines wo er liebevoll seinen Steinkauz Willy in der Hand hält, ein anderes, wo er einen Riesenleguan auf seinem Schoße streichelt. Er zeigt mir eine Pflanze, die er in der Zimmerwärme heranzog, die riesige runde Blätter entwickelt mit einem kunstvollen Muster darauf. Immer wider betrachtet er liebevoll diese Blätter: "Es ist doch wirklich ein kleines Wunder, wie die Natur diese Lebewesen gestaltet!", er, der Naturfreund, scharfe Beobachter, Pädagoge, Kulturfunktionär, Organisator, Bücherfreund, Diplomat und Sammler, hoch verehrt von seinen Schülern und Freunden.
Das
Falterjahr 1998 - Zwischenbericht und Nachträge für 1997
Ronald Schiller & Mario Graul
Aus dem Titel geht es bereits hervor, neben den aktuellen Meldelisten für das vergangene Jahr haben wir auch Nachträge zu 1997 erfaßt. Genauere Informationen liegen in der Datenbank vor, wir beschränken uns, wie gehabt, auf die bisher gemeldeten Arten für 1998 und alle Arten aus den Nachträgen, auch wenn diese schon im vergangenen Falterjahr genannt wurden!
Für Meldelisten und Einzelinformationen danken wir:
André Däbritz & Michael Schaarschmidt (Leipzig),Christian Kaiser & Alfred Jeworutzki (Borna), Egon Jungmann (Altenburg), Dr. Ludwig Schellhammer (Leipzig/Schildau) und Dr. Uwe Wallberg (Leipzig) sowie Leipziger Bürgerinnen und Bürgern, Mitgliedern des NABU (Kreisverband Leipzig) und Mitarbeitern unseres Museums, beispielsweise Frau Baehr/Leipzig, Frau Nora Becker, Herrn Hartmut Kopsch/ Falkenhain, Frau Kull/Leipzig, Herrn Ützinger/Leipzig u.a. Natürlich sind auch unsere eigenen Beobachtungen einbezogen worden. Für die Erteilung von Sammel- und Einfahrgenehmigungen sowie die Unterstützung danken wir dem RP Leipzig, dem STUFA Leipzig, der Abteilung Stadtforsten der Stadt Leipzig und dem Sächsischen Forstamt.
Von folgenden Fundorten liegen Daten vor:
Ammelshain/Curtswald, Bienitz bei Leipzig, Böhlitz-Ehrenberg/Auwald, Colbitzer Heide bei Torgau-Staupitz, Colditzer Forst, Engelsdorf bei Leipzig, Flößberger Wald, FND Eichenpfuhl bei Schildau, Gaschwitz/Neue Harth, Gräfendorf bei Torgau, Halde Trages, Kitzscher - OT Hainichen, Leipzig/Abtnaundorf, Leipzig/Burgaue, Leipzig/Müllberg Möckern, Leipzig/Probstheida, Leipzig Ratsholz, Leipzig/Schönefeld, Leipzig/Wiese am Wildpark, Leipzig/ Wahren Gartenanlage, Lützschena/Bismarckturm, NSG Kulkwitzer Lachen/ Leipzig, NSG Wölperner Torfwiesen, Zadlitzbruch, Oberholz bei Leipzig, Otterwischer Wald, Röcknitz, Schildau, Schildau FND "Südufer Neumühlteich", Schkeuditz, Schkeuditz "NSG Luppenaue", Schkeuditz Bürgergartenwiese, Sitzenroda bei Schildau, Staupitz, Strelln, Süptitz bei Torgau, Torgauer Stadtforst, Wachau/ Schmetterlingswiese, Wermsdorfer Forst, Zeukritz (Dahlener Heide), Zwochauer Wald bei Hohburg. Außerdem teilte uns Herr Jungmann/Altenburg Funde aus dem Gebiet zwischen Altenburg und Borna mit.
Liste der Arten - bisherige Funde 1998 + Nachträge 1997
Papilio machaon - (Schwalbenschwanz)
Pieris brassicae - (Großer Kohlweißling) Pieris rapae (Kleiner Kohlweißling) Pieris napi (Rapsweißling) Anthocharis cardamines (Aurorafalter) Gonepteryx rhamni (Zitronenfalter) Colias hyale (Goldene Acht) Leptidea sinapis (Senfweißling) Melanargia galathea (Damenbrett) Hipparchia semele (Rostbinde) Pararge aegeria Lasiommata megera (Mauerfuchs) Aphantopus hyperantus Maniola jurtina (Großes Ochsenauge) Coenonympha pamphilus - (Kleiner Heufalter) Apatura ilia (Kleiner Schillerfalter) Vanessa atalanta (Admiral) Vanessa cardui (Distelfalter) Nymphalis io (Tagpfauenauge) Nymphalis urticae (Kleiner Fuchs) Nymphalis polychloros (Großer Fuchs) Nymphalis c-album (C-Falter) Araschnia levana (Landkärtchen) Euphydryas maturna (Eschen-Scheckenfalter) Melitaea athalia (Gemeiner Scheckenfalter) Boloria selene Argynnis paphia (Kaisermantel) Satyrium w-album (Weißes W) Thecla betulae (Nierenfleck) Lycaena phlaeas (Kleiner Feuerfalter) Lycaena tityrus Plebeius idas Polyommatus icarus (Gemeiner Bläuling) Glaucopsyche teleius Glaucopsyche nausithous Celastrina argiolus (Faulbaumbläuling) Erynnis tages Heteropterus morpheus Carterocephalus palaemon Thymelicus lineola Thymelicus sylvestris Ochlodes venatus |
Zygaena filipendulae (Gemeines
Blutströpfchen)
Zygaena trifolii (Kleewidderchen) Syntomis phegea (Weißfleckwidderchen) Cybosia mesomella (Flechtenbär) Eilema lurideola Eilema complana Eilema lutarella (Dotterbär) Phragmatobia fuliginosa (Zimtbär) Spilosoma luteum (Gelbe Tigermotte) Spilosoma lupricipeda (Weiße Tigermotte) Arctia caja (Brauner Bär) Elkneria pudibunda (Streckfuß) Leucoma salicis (Pappelspinner) Lymantria dispar (Schwammspinner) Lymantria monacha (Nonne) Euproctis similis (Schwan) Euproctis chrysorrhoea Poecilocampa populi Macrothylacia rubi (Brombeerspinner) Philudoria potatoria (Grasglucke) Drepana falcataria (Sichelspinner) Drepana binaria Eudia pavonia (Kleines Nachtpfauenauge) Aglia tau (Nagelfleck) Agrius convolvuli (Windenschwärmer) Hyloicus pinastri (Kiefernschwärmer) Mimas tiliae (Lindenschwärmer) Proserpinus proserpina (Nachkerzenschärmer) Macroglossum stellatarum (Taubenschwänzchen) Furcula furcula Furcula bifida Stauropus fagi (Buchenspinner) Drymonia ruficornis Pheosia tremula (Pappelzahnspinner) Pheosia gnoma (Birkenzahnspinner) Notodonta dromedarius (Erlenzahnspinner) Notodonta ziczac Leucodonta bicoloria Ptilodon capucina Ptilodon cucullina Pterostoma palpina Phalera bucephala (Mondvogel) Thyatira batis Roseneulenspinner Tethea ocularis Cossus cossus Triodia sylvina |
Colocasia coryli
Acronicta psi Acronicta aceris Acronicta megacephala Acronicta leporina - (Pudel) Craniophora ligustri Cryphia raptricula Cryphia algae Euxoa obelisca Agrotis segetum - (Saateule) Agrotis clavis Agrotis exclamationis - (Gemeine Graseule) Rhyacia simulans Xestia baja Diarsia rubi Xestia c-nigrum (Schwarzes C) Xestia triangulum Ochropleura plecta Xestia rhomboidea Xestia sexstrigata Xestia xanthographa Axylia putris Noctua pronuba - (Hausmutter) Noctua fimbriata Noctua interjecta Noctua janthina Noctua comes Noctua orbona Mamestra brassicae Discestra trifolii Lacanobia contigua Lacanobia suasa Melanchra persicariae Lacanobia oleracea Hadena rivularis Hadena bicruris Pachetra sagittigera Orthosia gothica Orthosia munda Orthosia cerasi Orthosia cruda Orthosia incerta Mythimna ferrago Mythimna albipuncta Mythimna l-album Mythimna impura Mythimna pallens Cucullia fraudatrix Cucullia verbasci Brachionycha sphinx Brachylomia viminalis Allophyes oxyacanthae Eupsilia transversa - (Satellit-Eule) Conistra rubiginosa Conistra vaccinii Agrochola circellaris Xanthia citrago Amphipyra pyramidea Amphipyra tragopoginis Rusina ferruginea Apamea lithoxylea Apamea crenata Apamea monoglypha Apamea anceps Apamea sordens Apamea ophiogramma Mesapamea secalis Mesoligia furuncula Luperina testacea Euplexia lucipara Phlogophora meticulosa Hoplodrina octogenaria Caradrina morpheus Elaphria venustula Celaena leucostigma Hydraecia micacea Ipimorpha retusa Ipimorpha subtusa Cosmia affinis Cosmia diffinis Cosmia trapezina Nonagria typhae Arenostola semicana Chortodes pygmina Archanara geminipuncta Heliothis viriplaca Panemeria tenebrata Protodeltote pygarga Deltote deceptoria Deltote bankiana - (Silbereulchen) Tyta luctuosa Catocala sponsa Catocala nupta - (Rotes Ordensband) Catocala promissa Callistege mi - (Scheck-Tageule) Euclidia glyphica - (Braune Tageule) Diachrysia chrysitis Autographa gamma - (Gammaeule) Macdunnoughia confusa Abrostola trigemina Scoliopteryx libatrix Rivula sericealis - (Seideneulchen) Herminia tarsipennalis Herminia grisealis Herminia tarsicrinalis Hypena crassalis Hypena proboscidalis Hypena rostralis |
Alsophila aescularia - (Kreuzflügel)
Geometra papilionaria - (Grünes Blatt) Hemithea aestivaria Hemistola chrysoprasaria Timandra griseata Cyclophora albipunctata Cyclophora annulata - (Feldahorn-Gürtelpuppenspanner) Cyclophora punctaria Cyclophora linearia Scopula rubiginata Scopula nigropunctata Idaea dimidiata Idaea biselata Idaea aversata Scotopteryx chenopodiata Aplocera plagiata - (Grauspanner) Aplocera efformata Operophtera brumata - (Frostspanner) Epirrita dilutata Philereme transversata Eulithis prunata Eulithis mellinata Eulithia pyraliata Cidaria fulvata Cosmorhoe ocellata Thera obeliscata Chloroclysta truncata Xanthorhoe fluctuata Xanthorhoe montanata Xanthorhoe quadrifasciata Xanthorhoe spadicearia Xanthorhoe designata Colostygia pectinataria Euphyia unangulata Camptogramma bilineatum Ecliptoptera silaceata Melanthia procellata Epirrhoe tristata Epirrhoe alternata Epirrhoe rivata Perizoma alchemillatum Pelurga comitata Euchoeca nebulata Eupithecia centaureata Eupithecia icterata Eupithecia succenturiata Chloroclystis v-ata Calliclystis rectangulata Horisme vitalbata Horisme corticata Lomaspilis marginata Ligdia adustata Cabera pusaria Cabera exanthemata Hylaea fasciaria Campaea margaritata Selenia tetralunaria - (Mondfleckspanner) Colotois pennaria Angerona prunaria - (Schlehenspanner) Ourapteryx sambucaria - (Nachtschwalbenschwanz) Opisthograptis luteolata - (Gelbspanner) Cepphis advenaria Petrophora chlorosata Semiothisa notata Semiothisa alternata Semiothisa liturata Semiothisa clathrata Itame wauaria Agriopis aurantiaria Agriopis marginaria Apocheima pilosarium - (Schneespanner) Biston stratarius Biston betularius - (Birkenspanner) Peribatodes rhomboidarius Hypomecis roboraria Hypomecis punctinalis Ectropis crepuscularia Parectropis similaria Aethalura punctulata Ematurga atomaria Bupalus pinarius - (Kiefernspanner) |
Zu einigen besonders bemerkenswerten Neu- und Wiederfunden werden wir
eine gesonderte Publikation vorbereiten, sie sind hier noch nicht mit aufgelistet
worden. Hier nun einige Anmerkungen:
Nachdem im vergangenen Jahr auf der Hochhalde Trages Hipparchia hermione gefunden wurde, war 1998 im gleichen Lebensraum die Rostbinde (Hipparchia semele) zu finden. Der Fund ist deshalb bemerkenswert, weil die Art aktuell sonst im Leipziger Raum nur noch im Nordosten des Gebietes zu finden ist. Euphydryas maturna, der Eschen-Scheckenfalter, war auch 1998 in für diese Art bemerkenswerter Stückzahl zu finden, weniger Glück war uns bei der Beobachtung der Raupen beschieden. Im zeitigen Frühjahr ist es uns nicht gelungen die überwinterten Raupen zu beobachten. Im Sommer waren, bedingt durch das schlechte Wetter, nur wenige Raupennester zu finden, deren Bewohner offenbar abgestorben waren. Boloria selene scheint sich immer weiter in den nordöstlichen Teil des Gebietes zurückzuziehen. Frühere, 10 oder 20 Jahre alte, Funde aus dem Oberholz und einigen anderen Gebieten östlich oder südöstlich von Leipzig wurden nicht wieder bestätigt. Aktuell ist die Art vom Eichenpfuhl bei Schildau nachgewiesen. Auch an einigen Stellen in der Dübener Heide ist sie zu finden. Argynnis paphia gilt in vielen Gebieten Deutschlands als eine Art, die recht selten geworden ist. Auch um Leipzig ist sie nicht überall anzutreffen. Im Oberholz existiert nach wie vor eine stabile Population. Auf ca. 300m des durch den Wald führenden Weges von der Inneren- zur Äusseren Orchideenwiese wurden 40 Falter auf Disteln, nach Nektar saugend beobachtet. Auch auf der Äusseren Orchideenwiese flogen sehr viele Falter dieser Art. Das Weiße W (Satyrium w-album) ist eine Art, die wahrscheinlich oft übersehen wird. Im Leipziger Auwald ist der Falter zeitgleich mit Euphydryas maturna zu finden, zu einer Zeit (Blüte Holunder & Zaungiersch), in der nur wenige andere Tagfalter unterwegs sind. Die Ameisenbläulinge Glaucopsyche teleius und Glaucopsyche nausithous werden seit einigen Jahren intensiv beobachtet. Dabei geht es vor allem um die Bestandsentwicklung und die Verbreitung beider Arten. Es kann davon ausgegangen werden, daß zumindest Glaucopsyche nausithous auf fast jeder Wiese, auf der es Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) gibt, zu finden ist. 1998 wurde eine Fläche untersucht, die nur wenige Kilometer vom Leipziger Zentrum entfernt ist. Dort waren sehr große Bestände des Wiesenknopfes (wohl einige tausend Pflanzen) vorhanden. Leider war jedoch keine der beiden Ameisenbläulingsarten zu finden. Der Grund dafür war, zumindest für Glaucopsyche nausithous, nicht im Fehlen der Wirtsameise Myrmica rubra zu suchen, da diese nach Seifert (1996) eine der häufigsten Ameisen in unserem Gebiet ist, sondern eher in der Bewirtschaftungsweise der Wiesen. Dort wird kurz nach der Flugzeit der Falter, wenn die Eier sich an den Blüten bzw. die Raupen sich in den Blüten des Wiesenknopfes befinden, die Wiese gemäht. So wird ein Biotop von den Verantwortlichen unwissentlich für die betreffenden Arten unbrauchbar gemacht.
Auch die Eulenfalterarten Cosmia affinis und Cosmia diffinis werden seit längerer Zeit im Leipziger Auwald beobachtet. Vor einigen Jahren waren es vor allem Raupenfunde, die zum Nachweis der Arten führten. Cosmia affinis ist auch heute noch relativ häufig als Raupe anzutreffen. Schwerer ist der Nachweis von Cosmia diffinis. In den letzten Jahren, so auch 1997 und 1998, gelang es immer wieder, beide Arten an das Licht zu locken. Das gelingt vor allem dann, wenn man im Biotop der Arten (mit Ulmen bestandene Waldwege) leuchtet.
Bestätigt werden konnte das Vorkommen von typischen Auwaldspannern (Cyclophora annulata u.a.) sowie einiger an Waldrebe lebender Arten (Hemistola chrysoprasaria, Horisme vitalbata u.a.) in Siedlungsgebieten.
Literatur:
Totenkopf
und Oleanderschwärmer
Ronald Schiller & Mario Graul
Diese beiden Schwärmerarten sind allen Insektenfreunden ein Begriff, gehören sie doch zu den auffälligsten Erscheinungen in unserer Insektenwelt. Reinhardt (1995) zählt Acherontia atropos als wandernde Art zum Faunenbestand von Sachsen. Für alle Planungsregionen liegen mehr oder weniger aktuelle Funde vor. Wir erhielten in diesem Jahr einen Totfund durch Herrn Tino Junker aus dem Stadtgebiet Leipzig (Leipzig - Möckern). Der Falter wurde Anfang Oktober tot auf einem Fensterbrett gefunden.
Für Daphnis nerii gibt es dagegen nur eine Reihe von historischen Funden sowie einen aktuelleren Fund in der Oberlausitz (Auflistung bei Reinhardt 1995). Wir erhielten im November 1998 eine nahezu erwachsene Raupe aus Grossweitzschen durch Herrn Forchheim, dem an dieser Stelle recht herzlich gedankt sein soll. Die Hoffnung auf einen aktuellen Nachweis für diese Art zerstob allerdings sehr schnell, als wir die gesamte Geschichte erfuhren. Die Raupe stammt aus Igoumenitsa (Westküste Griechenlands nahe der albanischen Grenze), von dort wurde sie unbeabsichtigt und unbemerkt mit einigen Oleanderzweigen nach Deutschland eingeschleppt. Erfreulicherweise verpuppte sie sich, ehe alle Oleandervorräte aufgebraucht waren, und ergab nach ca. 4 Wochen den Falter.
Während der Totenkopffund also durchaus als bemerkenswerter regionalfaunistischer Fund zu werten ist, wobei Zeitpunkt und Erhaltungszustand für einen Schlupf des Falters im Gebiet sprechen, muß unser Oleanderschwärmer als eingeschleppter Fund gedeutet werden. Warum erwähnen wir ihn trotzdem? Zunehmender Reiseverkehr und Warentransport steigern die Möglichkeiten der Verschleppung von Entwicklungsstadien und Imagines, von erfolgreich gezogenen und dann freigelassenen oder entwichenen Tieren, wie wir es in der Umgebung des Schmetterlingshauses in Leipzig beobachten konnten, ganz zu schweigen. Beobachtungen entsprechender Arten müssen dokumentiert und kritisch hinterfragt werden. Nicht immer fällt die Antwort so leicht wie in diesem Fall, zumal uns Herr Forchheim bereitwillig unterstützte.
Literatur:
Interessante
entomologische Beobachtungen während einer Urlaubsfahrt in Tunesien
Danilo Matzke
Einleitung:
Mit meiner Familie unternahm ich vom 08.03 bis 22.03.1994 einen Erholungsurlaub in Tunesien im Ferienort Hammamet. Wir waren in der sehr schönen Hotelanlage "Paradies" gut untergebracht. Diese Anlage machte ihrem Namen wirklich alle Ehre, denn die kleinen Bungalows waren mitten in die Natur gebaut. Man hatte den Eindruck, in einem Botanischen Garten zu wohnen. Flora und Fauna waren sehr artenreich.
Da wir vom Hotel aus viele Touren in das Landesinnere unternahmen, kamen wir auch in verschiedene Lebensräume. Dabei ging ich mit offenen Augen durch die Landschaft und habe einige interessante Funde gemacht.
Tunesien ist in seiner Struktur ein vielfältiges Land. Der Norden
ist vom mediterranen Klima gekennzeichnet, was man an seiner Fauna und
Flora sieht. Dort befinden sich neben heißen Thermalquellen (50-70°C
Wassertemperatur) bei Korbous auch die sehr großen Olivenplantagen.
Tunesien hat eines der größten Olivenanbaugebiete der Welt.
Außerdem wachsen im Norden viele Eukalyptusbäume. Man stößt
vielerorts auf Sehenswürdigkeiten aus der Römerzeit, hier sollte
natürlich das legendäre Karthago nicht unerwähnt bleiben.
In Mitteltunesien gibt es neben den Sahararandgebieten auch die Steinwüste
" Matmata ", im Süden liegt die ausgedehnte Wüstenlandschaft
der Sahara.
Nachfolgend verschiedene Lebensräume mit bemerkenswerten Arten:
Hotelanlage und städtische Umgebung von Hammamet und Nabeul
In der Hotelanlage, die wie oben erwähnt, vielfältig bewachsen war, sind folgende Arten recht bemerkenswert. Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) wurde mehrmals im Gebüsch gefunden. Nachts umschwärmten die Eulenfalter (Agrotis puta und Mythimna languida) eine Lampe. Beim Umdrehen eines Steinblockes auf einer Ruderalfläche mitten in Hammamet wurde die recht große und fingerdicke Elefantenschrecke (Pamphagus marmoratus) mit einer Größe 8 - 9 cm aufgeschreckt. Diese Tiere sind recht träge, und man kann sie leicht fangen.
Strände und Flußmündungen südlich von Hammamet
Einige Strandteile waren nicht besonders sauber, sondern vernachlässigt,
was auch für die Flußmündungen und Flußtälern
im Norden von Tunesien allgemein zutraf. Sie führten zur Zeit kein
Wasser und waren entomologisch sehr interessant. Bemerkenswert war hier
der Sandohrwurm (Labidura riparia) und der Südliche Ohrwurm
(Euborellia annulipes), den man an feuchten Stellen unter Steinen
im Flußbett fand.
Auf manchen Ruderalflächen zwischen den Hotelanlagen wurde die
dort recht häufige Nasenschrecke (Acrida ungarica) angetroffen.
Durch ihre grüne oder braune Färbung ist sie gut getarnt und
hinterläßt beim Auffliegen ein knisterndes Geräusch. Die
schwarzen Ameisen mit den auffallenden großen Mandibeln der Gattung
Camponotus sind für europäische Verhältnisse recht
groß. Sie wurden an vielen Stellen beim Nestbau beobachtet.
Feld und Kalkrasen nördlich der Hotelanlage "Paradies"
Unweit von der Straße nach Nabeul befand sich ein Kalkmagerrasen, dieser beherbergte viele interessante Arten. Am Weg wurde man auf die Stelzenameise aufmerksam, sie huschte schnell über den heißen Boden. Auch wurde der Mondhornkäfer (Copris hispanus ) am Rand der Wiese beobachtet. Auf der niedrigen Vegetationsdecke über dem Kalkboden wurde eine recht gut getarnte Larve der Gottesanbeterin Empusa pennata gefunden. Zwischen den Steinen wurde der merkwürdig aussehende Käfer Sepidium variegatus, der einem Lehmstück recht ähnlich sieht, entdeckt.
Die Wüste Sahara und deren Randgebiete
Mit einer Bustour von Hammamet über Sfax entlang der Küste nach Gabes erreicht man in Douz die Sahara. Die Stadt wird auch das Tor zur Wüste genannt.
In diesem Lebensraum mit seinen feinen Sanddünen würde man nie solch große Käfer der Gattung Blaps vermuten. Und doch stellt die Wüste für viele Schwarzkäferarten den Lebensraum dar. Viele Arten sind an die harten Bedingungen angepaßt, so eine Art aus der Gattung Pemeliini, diese hat viele abstehende Haare auf den Flügeldecken. Mit diesen werden in den Morgenstunden Tautropfen aufgefangen und zu den Mundwerkzeugen geführt. Allerdings waren die Käfer auch am Tag aktiv.
In den Abendstunden wurde ein Weibchen von Scarabaeus sacer unweit
der Hotelanlage von Douz fliegend in der dortigen Toilette beobachtet.
Checkliste der gesamten beobachteten und gefunden Arten
Hundertfüßer
-Scolopendra cingulatus Spinnentiere
Tarsenspinner
Wanzen
Dermaptera
Blattaria
Mantidae
Heuschrecken
Ord.: Coleoptera Käfer Fam.: Carabidae (Laufkäfer) -Lophyra flexuvra (Sandlaufkäfer)
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Fam.: Tenebrionidae (Schwarzkäfer)
-Ademia tripditana -Pemeliini spec. -Scaurus unicinus -Blaps spec. 2 Arten -Tentyria spec. 2 Arten -Pimetia spec. 2 Arten Fam.: Scarabaeidae (Blatthornkäfer)
Fam.: Chrysomelidae (Blattkäfer)
Ord.: Lepidoptera (Schmetterlinge)
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Für die Unterstützung bei der Determination danke ich Dr.
E. Arndt, G. Fiedler und OSTR. Dipl.-Päd. W. Heinicke.